Wenn ein ausgedientes Kirchengebäude inklusive Gemeindehaus zum Verkauf steht, kann man immer von einer interessanten Immobilie für die weitere Nutzung ausgehen. Genau so ist das in Kehl nahe der französischen Grenze gewesen.

Gleich mehrere Immobilienentwickler haben sich um das Objekt beworben – doch nur einer von ihnen wollte die Bauten weiternutzen und nicht für Neubauten abreißen. Vielleicht ging auch deswegen der Zuschlag an den heutigen Besitzer Karlheinz Falk.

Gemeinsam mit Freunden, Bekannten, Branchenprofis und weiteren Spezialisten wurde überlegt, wie die ehemalige Martin-Luther-Kirche nach ihrer Entwidmung im Jahr 2019 weiter und wirtschaftlich tragbar für die Gemeinschaft nutzbar gemacht werden könnte. Die Prämisse war, weiterhin einen Anlaufpunkt für viele Menschen zu schaffen. Die Themen Langlebigkeit, Naturverbundenheit und Gesundheit standen ganz oben auf der Liste.

Als Gesellschaftsform wurde die Genossenschaft gewählt – mit paritätischen Stimmanteilen unabhängig von den finanziellen Anteilen an der Genossenschaft: Jedes Mitglied hat eine Stimme.

Heute ist dort, neben Gemeinschaftsräumen für beispielsweise Yogatreffen und zwei Ferienwohnungen im ehemaligen Glockenturm, ein Unverpackt-Laden mit Café und Bistro. Das Programm war gleichzeitig Namensgeber: Aus “Lose und Lokal” wurde das LOLO.

Jenny Weinhold, Gründungsmitglied und heute im LOLO für die Gastronomie verantwortlich, berichtet: “Anfangs waren wir 30 Menschen, die zwar alle ein Ziel vor dem inneren Auge hatten, aber natürlich noch wenig konkrete Vorstellungen.” Natürlich stand das Thema Gastronomie und nachhaltiger Lebensmittelhandel weit vorn auf der Liste – denn beide Geschäftsmodelle sorgen für Frequenz und damit dafür, dass weiterhin viele Menschen das Gebäude nutzen können.

“Alle Lebensmittel, die wir verkaufen, sind lose. An den Wänden hängen Spender für Hülsenfrüchte, Nüsse, Cerealien und Kaffeebohnen, aber auch Pasta und Reis. Und die Gemüseauslage in der Mitte des Raums bietet alles, was während der Saison aus der Region kommt”, berichtet Jenny Weinhold weiter. “Für die lose Ware bringen sich die meisten Kunden eigene Behälter mit, die sie immer wieder verwenden. Bei den Silos wird dann grammgenau abgewogen.”

Wir fragen nach dem gastronomischen Konzept. Weinhold: “Wir liefern Frischküche sowohl zum hier essen als auch zum Mitnehmen. Auf Fisch, Fleisch und Wurstwaren verzichten wir. Und wer möchte, kann sich bei uns sogar komplett vegan ernähren und auch auf Milch- und Eiprodukte verzichten.”

Was geschieht mit Lebensmitteln, die im Lose-Verkauf nicht mehr gekauft werden, weil sie nicht mehr schön aussehen? “Ganz einfach – was nicht feldfrisch verkauft werden konnte und keinen Abnehmer mehr findet, wird bei uns in der Küche verwendet. Wir machen Halbkonserven, frische Säfte und Smoothies und natürlich nutzen wir die Lebensmittel auch für die Frischküche”, berichtet Jenny Weinhold weiter. “Säfte und Smoothies verkaufen wir auch in Glasflaschen, die uns auch wieder zurück gebracht werden.”

Gerade bei den wieder verwendbaren Teilen, insbesondere bei den Flaschen, Kunststoffbecher und Mehrweggeschirr, setzt man auf die Spül- und Trocknungslösungen vom lokalen Hersteller Hobart. “In der Küche haben wir eine Haubenmaschine, damit spülen wir alles weg, was in der Küche und im Bistro anfällt – beispielsweise unsere REBOWL-Pfandschalen und RECUP-Becher”, sagt Jenny, “aber für die Flaschen haben wir eigens eine Untertisch-Hobart, bei der wir den Sprüharm gegen ein Flaschen-Spülsystem austauschen können. Die Säfte sind ein echter Renner und wir servieren die Flaschen auch am Tisch, also fällt da schon was an. Mit der Hobart können wir gleichzeitig 12 Flaschen spülen, das ist viel Wert, weil wir nicht so viel auf Lager halten müssen. Und Zeit spart es zusätzlich. Die eingebaute Trocknung ist ebenfalls ein Pluspunkt und ist für die Hygiene sehr wichtig.”

Täglich können bis zu 300 Speisen geschickt werden – das ist für das Team, das sich mit der Eröffnung im Oktober 2021 auch erst einmal finden musste, eine gute Aufgabe. “Weil aber nicht jeder von uns in der Gastro groß geworden ist, bin ich umso mehr erleichtert, dass wir Profigeräte haben, auf die wir uns verlassen können. In der Küche steht zum Beispiel auch ein professioneller Kombidämpfer – den nutzen wir sowohl zum Dörren als auch zum Einkochen und für konventionelle Zubereitungen im á la carte.”

Dörren?, fragen wir nach. “Ja sicher, wir dörren alles, was sonst nicht mehr frisch verarbeitet werden kann. Und in der Küchenmaschine können wir gedörrtes Gemüse wunderbar schreddern und lose als Basis für Gemüsebrühe verkaufen.”

Wie sieht es überhaupt mit den Öffnungszeiten aus? “Wir richten uns eher nach den Ladenöffnungszeiten als nach den klassischen Öffnungszeiten in der Gastro. Also sind wir von morgens neun bis abends halb sieben da. Übrigens kommen auch viele französische Kunden zu uns – die Grenze ist ja nicht weit und Lebensmittel sind in Frankreich häufig teurer als bei uns. Und mit dem Ansatz, etwas nur in der wirklich benötigten Menge kaufen zu können, überzeugen wir immer mehr Kunden. Manchmal braucht man eben nur zwei oder drei Lasagne-Blätter und nicht eine ganze Packung.”

Mittlerweile gibt es auch ein Nonfood-Sortiment für Körperpflege und Reinigungsmittel, aber auch praktische Utensilien wie Ingwerreiben oder Bienenwachstücher – das unterstützt das nachhaltige One-Stop-Shopping.

Letzte Frage: Sind denn alle zufrieden mit dem LOLO, wie es heute aussieht und läuft? “Das ist ja das Wunderbare – von den Menschen, die sich an der Planung beteiligen konnten, gibt es Niemanden, der nicht glücklich mit dem Ergebnis ist. Jeder findet sich und seine Ideen irgendwo im LOLO wieder und trägt das auch innerlich mit!”, sagt Jenny Weinhold.

Im Video: Jenny Weinhold über das LOLO

Für mehr Informationen aus erster Hand: www.das-lolo.de

 


 

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