Buchbesprechung: FLORA von Nils Henkel

Endlich! Ja, endlich! Da streifst Du monatelang, wenn nicht sogar über Jahre, durch die Buchhandlungen der Nation und suchst nach etwas, was Gemüse-Küche auf Fine Dining Niveau bietet. Und bist ebenso lang frustriert.

Und dann, wie aus heiterem Himmel, kommt Nils Henkel daher und präsentiert ein Werk mit dem griffigen und vor allem treffenden Namen FLORA. Endlich!

Erste Blicke ins Werk verraten schon: Uiuiui, das wird nicht einfach. Und der zweite Blick zeigt: Soll es auch gar nicht. Kann es aber. Gentleman-Koch Henkel schreibt selbst in der „Handhabung“, dass man alle Rezepte auch durch einfaches Weglassen von (zu) aufwändigen Komponenten auch straight und trotzdem mit einer kraftvollen Aussage über den Pass schicken kann. Allein die Grundrezepte zeigen, wie vielfältig die Kombinations-Möglichkeiten sind, wenn man die Prinzipien der Kombination einmal verstanden hat. Umami und Säure finden sowohl in der salzigen wie auch der Dessert-Flora statt.

Es sind die kleinen Dinge, die den Unterschied zur ursprünglichen Gemüseküche machen. Ein Bunsenbrenner gehört ebenso zur Grundausstattung wie ein Bahnenschneider oder Kenntnisse aus der Molekularküche. Beispiel „Spähre vom Grünkohl-Sud“. Geht auch einfach ohne Kalziumlactat und Alginat – sieht aber irre aus und sorgt für Erlebnisse.

Nils Henkel kommt, zum Glück, eben aus seiner Nummer nicht raus: Fine Dining bieten, ohne den Schickimicki-Anspruch zu haben. Selbst Ideen und Rezepte aus seinen Zeiten als Sous- und Küchenchef auf Schloss Lerbach und seiner Auf-Anhieb-Zwei-Sterne-Zeit auf Burg Schwarzenstein finden Platz in FLORA. Modernisiert und aufgehübscht. Also nicht mehr stapeln sondern aufgelockert und scheinbar ungezwungen und wie zufällig angerichtet. Dazu gekonnt und liebevoll abgelichtet von Fotograf Wonge Bergmann.

Und was ist mit Vegan? Geht, wenn’s sein muss, auch. Durch einfaches Weglassen von Fauna-Komponenten wie Milch, Käse und Ei. Ansonsten ist FLORA durchweg vegetarisch und einfach nur fleisch- und fischlos.

Wer sich inspirieren lassen will oder auf der Suche nach neuen Techniken und Kombinationen ist, kauft sich das Werk ohne Reue.


Die Rezension gibt die subjektive Meinung von Euro-Toques Chef Tim Oberstebrink wieder.